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Freitag, 27. Dezember 2013

Ausgemendelt


Ein typisches Stück “wissenschaftlicher Rassismus” aus den Tagebuch-Blaettern des Nazi-Chefideologen Alfred Rosenberg:

(41)
21.8.[1936]

Heute erfahre ich, warum Hptm. Fürstner, der die Organisation des Olymp. Dorfes durchgeführt hatte, einem „Unglücksfall“ erlitten hatte erlegen war. Es hatte sich seit war vor einiger Zeit erwiesen worden, dass er jüdisches Blut hatte; er war deshalb wurde [er] zurückgesetzt worden. Er tat noch Dienst bis zum Ende des Olympias, dann hatte er einen Nervenzusammenbruch u. verübte Selbstmord. Einer dieser vielen tragischen Grenzfälle. Er war sicher nach der germanischen Seite ausgemendelt worden – alle Achtung vor seiner Tat.
(Zu den Tagebuch-Blaettern von Alfred Rosenberg siehe http://guttmensch.blogspot.se/2013/12/rosenberg-tagebucher.html)


Hauptmann Wolfgang Fuerstner (links) fuehrt Rudolph Hess
und dessen Adjutanten Alfred Leitgen durch das Olympische Dorf (1936)

Bild: Bundesarchiv
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:Bundesarchiv_Bild_183-2008-0122-501,_Besuch_im_Olympischen_Dorf,_Hess,_F%C3%BCrstner,_Leitgen.jpg



Es ginge ja bei den Thesen ueber Nuetzlichkeit oder Schaedlichkeit von Menschen einer bestimmten Abstammung immer nur um Durchschnitte und Wahrscheinlichkeiten und nicht um einzelne Menschen – genau so argumentieren die heutigen Vertreter des “wissenschaftlichen Rassismus”.
Zum Beispiel Klaus von Dohnanyi:

“Es geht Sarrazin natürlich nur um Durchschnitte und Wahrscheinlichkeiten, und folglich kann es im Einzelfall so, aber auch ganz anders sein.”
http://diepresse.com/home/politik/aussenpolitik/641390/Sarrazin-oder-die-verpassten-Debatten?parentid=0&act=2&isanonym=1 



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Wolfgang Fürstner – Wikipedia         

Wolfgang Fürstner (* ...1896; ... † 19. August 1936 ...) war ein deutscher
Hauptmann. 1936 war Fürstner zuerst Kommandant, dann Vizekommandant des
Olympischen Dorfes der Olympischen Sommerspiele in Berlin 1936.
Fürstner war ein Neffe des Hirnforschers Carl Fürstner. Er nahm als Leutnant am
Ersten Weltkrieg teil, 1921 führte er bei den Aufständen in Oberschlesien ein
Freikorps. Fürstner gehört dem Deutschen Offizier-Bund, als Beisitzer des
Bundesvorstandes gründete er 1928 in Berlin die erste "Sportvereinigung" (SV)
des DOB, und vermutlich schon vor 1933 der NSDAP an. Im April 1933 wurde er
durch Karl Ritter von Halt zum Vorsitzenden des Verbandes der Brandenburger
Athletik-Vereine (VBAV) bestimmt. Fürstner galt als aktiver Nationalsozialist,
im Mai 1933 wurde er zudem in die Reichswehr übernommen und Anfang 1935 in das
OK für die Olympischen Spiele berufen.
Von 1934 bis 1936 war Wolfgang Fürstner verantwortlich für den in
Wehrmacht-Regie erfolgenden Bau des Olympischen Dorfes für die XI. Sommerspiele
in Berlin. Bis zu seiner Ablösung am 27. Mai 1936 war er überdies erster
Kommandant des Sportlerquartiers. ...
Als Kommandant wurde nun Oberstleutnant Werner Albrecht Freiherr von und zu
Gilsa eingesetzt. Fürstner hatte als Platzmajor nur noch die Stellung des
Vizekommandanten inne. Offiziell hieß es, Fürstner hätte „nicht mit der nötigen
Energie durchgegriffen“, als ca. 370.000 Besucher in den Tagen der offenen Tür
vom 1. Mai bis 15. Juni durch das Dorf strömten und dabei auch Schäden
anrichteten. Wahrscheinlich wurde dies nur zum Vorwand genommen, Fürstner zu
degradieren, der in nationalsozialistischer Diktion als „Halbjude“ eingeordnet
wurde. Drei Tage nach Ende der Spiele beging Fürstner Selbstmord – nachdem er
vorher mit der Olympia-Medaille erster Klasse ausgezeichnet worden war. Fürstner
hatte erfahren, dass er aufgrund der Nürnberger Gesetze als Jude eingestuft und
aus der Wehrmacht entlassen werden sollte. Um Schaden für das internationale
Ansehen Deutschlands abzuwenden, wurde der Tod als Unglücksfall hingestellt, und
der Tote erhielt eine Bestattung auf dem Invalidenfriedhof. Das Grab wurde auch
in den Friedhofsführer Der Invalidenfriedhof in Berlin – Ein Ehrenhain
preußisch-deutscher Geschichte aufgenommen, der zwischen 1936 und 1940 in
mehreren Auflagen erschien.

Literatur ...
  Roland Kopp: Der "Unglücksfall" des Hauptmanns Wolfgang Fürstner. Ein
  Lehrstück zum Janusgesicht der Olympischen Spiele von 1936, in: Diethelm
  Blecking/ Lorenz Pfeiffer (Hrsg.): Sportler im "Jahrhundert" der Lager -
  Profiteure, Widerständler und Opfer, Göttingen 2012, S. 248 - 254.

http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_F%C3%BCrstner



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"Ausgemendelt"

Siehe auch die angeblich von Hitler vertretene Auffassung, der Einfluss eines juedischen Vorfahren sei ab der 7./8./9. Generation "ausgemendelt"
(uebrigens eine bemerkenswerte Variation der "Eintropfenregel" aus den USA, wonach ein noch so kleiner Bruchteil afrikanischer Abstammung fuer immer den "Neger" ausmachen sollte).
Dieses "Ausmendeln" wuerde aber dadurch verhindert, dass Juedisch-Staemmige etwa ab der 3. Generation wieder bevorzugt Juden heiraten wuerden.

http://books.google.se/books?id=zGKOH1XxK8UC&pg=PA26&lpg=PA26&dq=ausgemendelt&source=bl&ots=hTCkqTpQKk&sig=YSeYlIYNm5t8WNky4o_0NKqXbc4&hl=en&sa=X&ei=19a9UtqRGYSp4gSK9YDQDw&ved=0CFoQ6AEwCDgK#v=onepage&q=ausgemendelt&f=false

Im gleichen Beitrag auch der Hinweis auf Dietrich Eckarts und Adolf Hitlers positive Meinung ueber Otto Weininger, der wie Fuerstner juedischer Abstammung war und, wie Fuerstner, Selbstmord begangen hatte (s.u.; Kommentar)


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Otto Weininger und HS Chamberlain: Künder des Geniegedankens
Aus
Der Hitler-Mythos – ein Geniemythos
http://www.boehlau.at/download/160586/978-3-205-78307-7_Leseprobe.pdf.
 
Das Wien des ausgehenden 19. undbeginnenden 20. Jahrhunderts war ein Zentrum der Kunst und des Rassenwahns, ein Ort, an dem sich der Rassismus eng mit dem Geniegedanken verband. Hierprägten zwei Bestseller und Kultbücher, die in dem Wiener Milieu geschrieben worden waren und auf Wagners Kulturideologie aufbauten, Hitlers Weltanschauung ganz grundsätzlich: Houston Stewart Chamberlains Grundlagen des 19. Jahrhunderts und Otto Weiningers Geschlecht und Charakter. Hitlers Rechtsanwalt Hans Frank, der »Schlächter von Polen«, hat auf diese Quellen verwiesen. Er sah in Weiningers Buch eine wichtige Quelle von Hitlers Antisemitismus.

Weininger war jüdischer Herkunft, hatte Philosophie und Psychologie an der Wiener Universität studiert, war Anhänger Richard Wagners und von Werken Kants und Chamberlains beeinflusst. Im Mittelpunkt seiner 1903 erschienenen Schrift steht die Geschlechterproblematik; letztlich aber ging es ihm um die Frage des Genies, das für ihn stets individuell und an die Männlichkeit geknüpft ist, ja eine ideale, potenzierte Männlichkeit darstellt. Frauen und Juden hatten seiner Auffassung nach daran keinen Anteil, was wegender jüdischen Herkunft Weiningers letztlich tragisch war und zu seinem Selbstmord führte. Nach Frank hatte vor allem Chamberlain größten Einfluss auf Hitlers Denkweise. Der germanophile Engländer war ein glühender Verehrer Richard Wagners. 1889 empfahl ihm Cosima Wagner den vierbändigen Essay über die Ungleichheit derMenschenrassen von Arthur de Gobineau zur Lektüre, in dem dieser die Überlegenheit der »arischen Rasse« zu begründen versucht hatte und der von Karl Ludwig Schemann, einem Mitglied des Bayreuther Kreises, ins Deutsche übersetzt worden war. Unter Einfluss der Rassenlehre Gobineaus und der Schriften Wagners verfasste Chamberlain dann in Wien seine antisemitische Kulturgeschichte Die Grundlagendes 19. Jahrhunderts.
Die Erstauflage erschien 1899 in Wien, später wurde das Buch zum Bestseller des Münchner Bruckmann-Verlages. Die Faszination, die von Chamberlains Schrift auf Hitler ausging, dürfte ganz entscheidend damit zusammenhängen, dass dieser seine zentrale These von der rassischen Überlegenheit des Ariers kulturell begründete und den Widerspruch zwischendem rassischen und individuellen Geniebegriff zu lösen versuchte: Mit der Vorstellung einer genialen Rasse drohte nämlich die Auslöschung des individuellen Genies, des großen Einzelnen. Chamberlain hatte die kollektive Genialität der arischen Rasse wieder zur großen Persönlichkeit verdichtet: »Die Geschichte der Kunst und Philosophie«, so schrieb er bereits in der Einleitung, »ist die Geschichte einzelnerMänner, nämlich der wirklich schöpferischen Genies. Alles andere zählt hier nicht.«Die Rasse ermögliche den genialen Menschen in dem Sinne, dass sie die ungewöhnliche Begabung eines Einzelnen so stärke, dass er ein die gesamte Menschheit überragendes Genie werden könne. Genie ist für Chamberlain potenzierte Persönlichkeit, und diese wird im Widerstand zur ignoranten oder gar feindlichen Umgebung entwickelt.



Siehe auch Stichwort "Schemann" auf diesem Blog; inbesondere in dem Post "Drei Generationen Sarrazin" - Zeitzeugen der Eugenik"
http://guttmensch.blogspot.se/2013/06/drei-generationen-sarrazin-zeitzeugen.html

 

6 Kommentare:

  1. Hitlers Auffassung vom "Ausmendeln" ist beschrieben in dem Beitrag von Saul Friedlander in

    Catastrophe and Meaning: The Holocaust and the Twentieth Century
    Moishe Postone, Eric L. Santner
    University of Chicago Press, 2003

    How should we understand the relation of the Holocaust to the broader historical processes of the century just ended? How do we explain the bearing of the Holocaust on problems of representation, memory, memorialization, and historical practice? These are some of the questions explored by an esteemed group of scholars in Catastrophe and Meaning, the most significant multiauthored book on the Holocaust in over a decade.

    This collection features essays that consider the role of anti-Semitism in the recounting of the Holocaust; the place of the catastrophe in the narrative of twentieth-century history; the questions of agency and victimhood that the Holocaust inspires; the afterlife of trauma in literature written about the tragedy; and the gaps in remembrance and comprehension that normal historical works fail to notice.

    Contributors:
    Omer Bartov, Dan Diner, Debòrah Dwork, Saul Friedländer, Geoffrey Hartman, Dominick LaCapra, Paul Mendes-Flohr, Anson Rabinbach, Frank Trommler, Shulamit Volkov, Froma Zeitlin

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    1. Hitler haette bei einer Gelegenheit erzaehlt, sein Mentor Dietrich Eckart habe den Schriftsteller Otto Weininger, der juedischer Abstammung war, in Ehren gehalten. Weininger habe sich aus Entsetzen ueber seine Rasse umgebracht.

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    2. "In den langen Monologen im Führerhauptquartier Wolfsschanze erzählte Adolf Hitler eines Abends, sein Münchner Freund Dietrich Eckart habe ihm versichert, es gebe nur „einen anständigen Juden... den Otto Weininger, der sich das Leben genommen hat, als er erkannte, daß der Jude von der Zersetzung anderen Volkstums lebt.“ (Adolf Hitler, Monologe im Führerhauptquartier. 1941-1944, Hg. Werner Lochmann, Hamburg 1980)"

      https://de.wikipedia.org/wiki/Otto_Weininger

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  2. "Deutschblütigkeitserklärung"

    Aus
    Hitler's Jewish Soldiers
    The Untold Story of Nazi Racial Laws and Men of Jewish Descent in the German Military
    Bryan Mark Rigg
    May 2002
    Modern War Studies

    http://www.kansaspress.ku.edu/righitpix.html

    "Half-Jew" Horst Geitner was awarded both the Iron Cross Second Class and the Silver Wound Badge.

    This photo of "half-Jew" Werner Goldberg, who was blond and blue-eyed, was used by a Nazi propaganda newspaper for its title page. Its caption: "The Ideal German Soldier."

    "Half-Jew" Commander Paul Ascher, Admiral Lütjens's first staff officer on the battleship Bismarck; Ascher received Hitler's Deutschblütigkeitserklärung. (Military awards: EKI, EKII, and War Service Cross Second Class.)

    "Quarter-Jew" Admiral Bernhard Rogge wearing the Ritterkreuz; he received Hitler's Deutschblütigkeitserklärung. (Military awards: oak leaves to Ritterkreuz, Ritterkreuz, samurai sword from the emperor of Japan, EKI, and EKII.)

    "Half-Jew" Johannes Zukertort (last rank general) received Hitler's Deutschblütigkeitserklärung.

    "Half-Jew" Colonel Walter H. Hollaender, decorated with the Ritterkreuz and German-Cross in Gold; he received Hitler's Deutschblütigkeitserklärung. (Military awards: Ritterkreuz, German-Cross in Gold, EKI, EKII, and Close Combat Badge.)

    "Half-Jew" and later Luftwaffe General Helmut Wilberg; Hitler declared him Aryan in 1935. (Military awards: Hohenzollern's Knight's Cross with Swords, EKI, EKII.)

    "Half-Jew" and field-marshal Erhard Milch (left) with General Wolfram von Richthofen. Hitler declared Milch Aryan. He was awarded the Ritterkreuz for his performance during the campaign in Norway in 1940.

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    1. • Honorary Aryan, a status in Nazi Germany

      • Honorary whites, a term that was used by the apartheid regime of South Africa

      http://translation.babylon.com/english/honorary/

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  3. "Misserfolg mit der Geburt besiegelt gemäß den Mendelschen Gesetzen"

    "In Deutschland beobachten wir schon seit vielen Jahren die allmähliche Verfestigung und das beständige Wachstum einer weitgehend funktions- und arbeitslosen Unterklasse. [...] Für einen großen Teil dieser Kinder ist der Misserfolg mit ihrer Geburt bereits besiegelt: Sie erben (I) gemäß den Mendelschen Gesetzen die intellektuelle Ausstattung ihrer Eltern und werden (2) durch deren Bildungsferne und generelle Grunddisposition benachteiligt"

    Thilo Sarrazin, DSSA

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