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Sonntag, 23. Oktober 2011

Die Gesellschaft für Eugenik aus einer afrikanischen Perspektive

Aus
Ngugi wa Thiong'o: Träume in Zeiten des Krieges. Eine Kindheit. A1 Verlag, München, 2010. Übersetzung aus dem Englischen von Thomas Brückner. Originalausgabe: Dreams in a Time of War. A Childhood Memoir. Pantheon Books/ Random House New York, 2010.  

Seitenangaben und weitere Texstellen auf: 
http://zettelmaus.blogspot.com/2011/10/gefangnisabsolvent-eine-afrikanische.html

Hervorhebung in Fettdruck von mir


“Die Royal Charter bedeutete, dass man Afrikaner aus der Stadt und den umliegenden Gebieten entfernen würde, wie das den schwarzen Menschen in Südafrika geschehen war, erklärte Ngandi kühl. ... Ngandi holte noch weiter aus. In den 1930-er Jahren gab es in Kenia einen weißen Geheimbund, der plante, alle schwarzen Babys bei der Geburt zu töten, mit Ausnahme einiger kräftig gebauter für die Arbeit, die aber schwach im Verstand sein sollten, damit sie sich nicht zum Widerstand zusammenrotteten. Er bezeichnete sie als Eugenics Society (“Kiama Kia Njini”), die sich in meine Vorstellung als Gesellschaft weißer Brandstifter und Menschen fressender Ungeheuer jener Art einschrieb, gegen die Kabae und andere in den Zweiten Weltkrieg gezogen waren. Und nun diese Royal Charter, um die Schwarzen aus der Stadt und dem Umland zu vertreiben; ein schreiender Widerspruch zu Ngandis geliebter Erklärung von Devonshire aus dem Jahr 1923!”

Den Aspekt "Gerüchtebildung" muss man beim Interpretieren der Erzählung Ngandis, einer Figur aus den Erinnerungen des kenianischen Autors, natürlich stark mit einbeziehen. Dennoch gibt zu denken, wie die von Anhängern Francis Galtons gegründete "Eugenics Society" (Gesellschaft für Eugenik) und ihr Wirken in Afrika in mündlichen Erzählungen überliefert wurde (Ngandis Erzählung ist in den 1950er Jahren angesiedelt). Ebenfalls bemerkenswert der Abschnitt über die Vorstellungen weißer Siedler, welche Art von Schulbildung afrikanische Kinder bekommen sollten - in Uebereinstimmung mit eugenischen Ideen über die vermeintlich genetische Bestimmung verschiedener "Rassen". Solche Vorstellungen finden sich auch in Nazi-Schriften über Schulbildung für Kinder in besetzten Gebieten Osteuropas.

Anm:
Mehr zu "Eugenics Society" mit Stichwortsuche auf diesem Blog; u.a.
http://guttmensch.blogspot.com/2011/07/liebe-ist-das-grote-aber-nur-wenn.html
(Marie Stopes' Brief an Hitler, ihr Engagement fuer die "Eugenics Society" und den Paradigmenwechsel von der eugenischen Menschenzucht-Idee zum Recht auf selbstbestimmte und informierte Familienplanung und reproduktive Gesundheit)

Kaum zu glauben, aber wahr, wenn der folgende Eintrag aus dem Jahr 2003 in einem Internet-Forum ernst zu nehmen ist: Trotz der Geschichte der Eugenics Society in Ostafrika - oder vielleicht auch wegen dieser Geschichte und der Uebernahme der Denkmuster damaliger durch heutige Eliten - gab oder gibt es eine moderne Eugenik-Gesellschaft in Kenia. Mitglieder sollen Ueberlegenheit ausstrahlen ("an air of superiority"), und Ziel ist es, "selektiv den Weg in eine bessere Zukunft zu zuechten".
http://www.mashada.com/forums/politics/4146-eugenics-society-east-africa.html
"The Eugenics Society of Kenya seeks to instigate a rennaisance in Kenya and indeed Africa. Our objective is to selectively breed our way towards a better future by:
Starting a community of African professionals in the Northern part of Kenya. Membership in this community will be by invitation and will necessitate a thorough background check of all proposed members. Evidently, a proven track record of mental and/or academic excellence, exceptional physical looks, an air of superiority and nationalism will be prerequisites for acceptance into this community."


Das "eugenische Institut von Kantsaywhere" laesst gruessen.
http://guttmensch.blogspot.com/2011/04/der-traum-vom-genetisch-korrekten-staat.html

Hat vielleicht der eine oder andere Fonds ein bisschen gesponsert?
http://guttmensch.blogspot.com/2011/06/forderung-und-finanzierung-der-eugenik.html

Leakey, L.S.B.: "Mau Mau and the Kikuyu" - ein Artikel im "Eugenics Review", der Zeitschrift der "Eugenics Society"; Volume XLV (Volume XXVI, New Series), APRIL 1953- JANUARY 1954; http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2973471/pdf/eugenrev00053-0002.pdf
Die (britische bzw. internationale) "Eugenics Society" bestand unter diesem Namen noch weit in die 1950er Jahre hinein. In ihrer Zeitschrift veroeffentlichte auch ein Mitglied der im Norden Kenias ansaessigen Familie Leakey. Es waere interessant zu wissen, welche Verbindungen zwischen dem Mau-Mau Aufstand und eugenischen Theorien gesehen wurden; im Internet zugaenglich ist nur das Inhaltsverzeichnis mit dem Titel des Beitrags von L.S.B. Leakey. Ein Einfluss des Autors auf eugenische Theorien, die heute noch von einer "Eugenics Society of Kenya" transportiert werden (s.o.) ist denkbar. 

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Wer mit dem Suchbegriff "eugenische Gesellschaft" auf diese Seite gelangt ist, koennte auch dies interessant finden:
http://guttmensch.blogspot.com/2011/04/der-traum-vom-genetisch-korrekten-staat.html
und weitere Posts mit Suchwort (auf diesem Blog) "Kantsaywhere"

Zu "Eugenische Gesellschaft" als Uebersetzung von "Eugenics Society" siehe auch http://guttmensch.blogspot.com/2011/07/liebe-ist-das-grote-aber-nur-wenn.html



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Nachtraeglich gefunden auf http://www.swans.com/library/art18/barker101.html

 
Imperial Eugenics In Kenya, Part I of II - by Michael Barker

" (Swans - March 12, 2012) In recent decades there have been a plethora of studies that have demonstrated the global application of eugenic ideas, (1) but close investigations of imperial eugenic movements have tended to be left by the wayside. Chloe Campbell's book Race and Empire: Eugenics in Colonial Kenya (Manchester University Press, 2007) helps fill this lacuna, providing a concrete example of how "eugenics served as a scientific bulwark that fortified the ideology of imperialism." Formed in July 1933, the Kenya Society for the Study of Race Improvement (KSSRI) was the centerpiece of the colonial eugenic movement. Far from being a marginal affair," the majority" of the society's members "worked in colonial administration or were professionals based in Nairobi, or were the wives of men employed in these areas. ..."

 

3 Kommentare:

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  2. Der Kampf darum, wie Geschichte gelehrt wird, ist auch ein Kampf um die Zukunft


    The Independent
    Monday 10 June 2013

    This battle over how Britain's military and colonial history is taught is also a battle for Britain's future

    Yasmin Alibhai Brown


    From the Mau Mau uprising in 1950s Kenya to the human catastrophe of World War 1, the UK wilfully edits out the dark, unholy, inconvenient parts of the national story

    The Government has just agreed to pay £20m to over 5,000 Kenyans tortured under British rule during the Mau Mau uprising in the 1950s. William Hague, in a commendably sober speech, accepted that the victims had suffered pain and grief. Out rode military expert Sir Max Hastings, apoplectic, a very furious Mad Max. Gabriel Gatehouse, the BBC Radio 4 reporter who interviewed survivors, “should die of shame”, roared the Knight of the Realm. Kenyan Human Rights organisations and native oral testimonies could not be trusted; the real baddies were the Mau Mau; no other nation guilty of crimes ever pays compensation and expresses endless guilt and finally there “comes a moment when you have to draw a line under it”. Actually Sir, the Japanese did compensate our PoWs in 2000, and Germany has never stopped paying for what it did to Jewish people.

    The UK chooses to relive historical episodes of glory, and there were indeed many of those. But we also glorify those periods which were anything but glorious, and wilfully edit out the dark, unholy, inconvenient parts of the national story. Several other ex-imperial nations do the same ...


    http://www.independent.co.uk/voices/comment/this-battle-over-how-britains-military-and-colonial-history-is-taught-is-also-a-battle-for-britains-future-8651059.html?utm_source=indynewsletter&utm_medium=email10062013

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